Sitzung: 18.04.2007 Ausschuss für öffentliche Sicherheit, Ordnung und Bürgerservice
Beschluss: Kenntnis genommen.
Vorlage: 15/0254
Herr
Brinkmann erläutert einleitend den
Grund seiner Teilnahme an der Sitzung speziell zu den Tagesordnungspunkten 9 und
10. Es gehe darum, auf die Situation in der Innenstadt, insbesondere am Neuen
Markt, die durch Schlägereien, Sachbeschädigungen, Ordnungswidrigkeiten, Lärm
usw. gekennzeichnet sei, adäquat zu reagieren.
Die
Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, das Grundgesetz, gewähre den
Menschen in diesem Lande weitgehende Freiheiten und individuellen
Gestaltungsraum. Diese Freiheiten fänden aber dort ihre Grenzen, wo das
Verhalten in die Rechte anderer eingreife; und genau diese Situation finde sich
aktuell in der Innenstadt.
Ihm,
der er so alt sei, wie das Grundgesetz, falle es sehr schwer, erkennen zu
müssen, dass es Menschen gebe, die mit der vom Grundgesetz eingeräumten
Freiheit nicht umzugehen wüssten und ein Einschreiten erforderten. Exzessiver
Alkoholkonsum und eine hohe Gewaltbereitschaft seien aktuell dort zu
beobachten.
Die
Situation insbesondere am Neuen Markt sei inakzeptabel. Es gehe ihm darum, die
Polizei zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass es künftig dort friedlich
zugehe. Kein Verständnis habe er beispielsweise dafür, dass ein Wirt mit
dem „Flatrate-Trinken“ werbe. Die
Störer könnten nicht bestimmten Gruppen zugeordnet werden, sondern gingen quer
durch alle gesellschaftlichen Schichten und Nationalitäten.
Die
„Stigt“-Anlage am Delft, die vielen Menschen Freude und Erholung biete, beginne
teilweise sich durch dort stattfindende Feten und Trinkgelage zum Problem zu
entwickeln. Es sei nicht tolerierbar, dass Wohnmobil-Urlaubsgäste angepöbelt,
Boote mit Flaschen beworfen und die Anwohner in ihrer Ruhe gestört würden.
Was er heute vorstellen möchte, sei ein Sicherheitskonzept, welches vom Präventionsrat, der Polizei und der Stadt Emden gemeinsam erarbeitet und getragen werden, somit auf 3 „Säulen“ ruhe.
Bei
dem Konzept gehe es um den Einsatz qualifizierter Sicherheitsfachkräfte
privater Sicherheitsunternehmen an den Wochenenden innerhalb des
wallumgrenzenden Stadtgebietes im Rahmen eines sogenannten
City-Ordnungsdienstes.
Herr
Brinkmann bittet nachfolgend Herrn
Ahten um die Erläuterungen des Konzeptes und Herrn Rangnow, das von Herrn
Bongartz angeregte kriminalpolizeiliche Lagebild zu erläutern.
Herr
Ahten erklärt, dass es bei dem
Konzept inhaltlich darum gehe, neben den bisherigen Aktivitäten, die auch
fortgesetzt würden, durch den Einsatz qualifizierter Sicherheitsfachkräfte
privater Sicherheitsunternehmen und eine begleitende Imagekampagne den
lädierten Ruf des Bereiches am und um den Neuen Markt wiederherzustellen,
aufzuwerten und zu sichern sowie deutlich die Aktivitäten der Polizei zur
Verbrechensbekämpfung und –prävention zu flankieren. Es handele sich, wie
bereits vom Oberbürgermeister ausgeführt, um eine konzertierte Aktion zwischen
dem Präventionsrat, der Polizei und der Stadt Emden. Der „Modellversuch“ sei
für die Zeit vom 01.05. bis 31.10.2007 geplant und zwar in den Nächten von
Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag in der Zeit von 23.00 Uhr bis
04.00 Uhr.
Herr
Ahten spiegelt chronologisch die
bisherige Entwicklung :
Im
Herbst 2006 seien die in Rede stehenden Probleme über die Polizei an die Stadt
Emden herangetragen worden. Nach einem Auftaktgespräch mit den Wirten seien
insgesamt 7 Begehungen und Gaststättenkontrollen sowie in der Nacht von 24. auf
den 25. März 2007 eine schwerpunktmäßige Jugendschutzkontrolle durchgeführt
worden. Anlässlich der Begehungen seien,
insbesondere bei milder Witterung, alkoholisierte Gruppen dort gesichtet
worden. Eine Versorgung aus dem Rucksack sei offensichtlich gewesen. Aus der
Anonymität der Gruppe heraus erfolgten Störungen, wie Flaschenwürfe etc.. Bei
schlechter Witterung, wie Regen und/oder Kälte, seien die Probleme weniger bis
kaum vorhanden gewesen. Bei der kritischen Klientel handele es sich überwiegend
um junge Erwachsene und nicht um Jugendliche.
Die
Zusammenarbeit mit den Wirten und dem dort eingesetzten Personal sei
konstruktiv gewesen. Es habe keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem
Betrieb der Gaststätten und den Ereignissen vor Ort in nennenswerter Form
gegeben. Auch habe es keine Hinweise gegeben auf etwa gewaltbereite
rivalisierende Gruppen in der Stadt.
Herr
Ahten erläutert das
Anforderungsprofil für das einzusetzende Personal, die Aufgaben und Befugnisse,
die Ausstattung und die Kooperation mit der Polizei (Anlage 1). Er erklärt,
dass die eingesetzten Sicherheitskräfte nicht zu Verwaltungsvollzugsbeamten
bestellt würden. Diese Lösung sei sowohl gesetzeskonform, als auch
wirtschaftlich. Während des Modellversuches werde man sich immer wieder
zusammensetzen und die Ergebnisse und Erkenntnisse reflektieren.
Herr
Rangnow erläutert die
kriminalpolizeilichen Erkenntnisse bezogen auf den Neuen Markt (Anlage 2).
Verglichen mit dem Gesamtbild der Kriminalität in der gesamten Stadt stellten
die Straftaten von erheblichem Gewicht keine gravierende Größenordnung dar. Das
subjektive Sicherheitsgefühl, verbunden mit der Angst, eventuell selber Opfer
werden zu können, spiegele ein anderes Bild. Dieses beeinträchtigte
Sicherheitsgefühl vieler Bürger müsse ernst genommen werden.
Herr
Brinkmann führt aus, dass ein
Meinungsaustausch mit Herrn Rangnow stattgefunden habe (4-Augengespräch). Es
bestehe Konsens, dass Verbote alleine nicht wirken, wenn eine konzeptionelle
Begleitung nicht gegeben sei. Eine Videoüberwachung, wie von der CDU-Fraktion
angeregt, halte er für nicht zielführend und lehne diese ab. Er werbe für das
vorgestellte Konzept des Einsatzes eines City-Ordnungsdienstes und einer
begleitenden Imagekampagne gemäß dem Motto „ Feiern: ja, Keilerei: nein !“ Es
solle gefeiert werden, aber ohne Randale und Sachbeschädigungen.
Herr
Hüfken erläutert das vorgestellte
Konzept aus seiner Sicht. Das Konzept setze auf Prävention und nicht wie die
Kriminalitätsbekämpfung auf die Ahndung von Straftaten. Eine Videoüberwachung
als „ultima ratio“ stelle rechtlich das letzte Mittel zur Problemlösung dar. Er
plädiere für das gemeinsam erarbeitete Modell. Mit dem Modellversuch wolle man
die schöne Emder Innenstadt lebens- und liebenswert erhalten.
Herr
Brinkmann unterstreicht die
Ausführungen. Hinsichtlich der „Stigt“-Anlage führt er aus, dass die
beschriebenen negativen Auswirkungen unbedingt unterbunden und vermieden werden
müssten. Ab 22.00 Uhr müsse dort Ruhe herrschen. Notfalls müssten Platzverweise
oder gar ein Betretungsverbot helfen. Eine Beschilderung solle hinweisen.
Für
die enge Zusammenarbeit ist Herr Rangnow dankbar. Im Vorfeld hätten Herr
Ahten und er zielgenaue Maßnahmen
erarbeitet, so dass der City-Dienst seines Erachtens durchaus das geeignete
Mittel zur Lösung der Probleme darstelle.
Der City-Dienst solle keinesfalls beängstigend wirken, vielmehr solle er aktiv auf die Bevölkerung
zugehen und Nähe aufbauen. Die Kräfte sollten „Menschenfreunde“ und kommunikationsfreudig
sein. „Deshalb werden wir uns die Leute des Sicherheitsdienstes ganz genau
ansehen....“
Herr
Santjer stellt im Einzelnen die Ideen
für das Imagekonzept vor, es sei eine Plakataktion mit dem Titel „Gewalt nicht dulden...“ geplant.
Ein Flyer „Tolle Innenstadt“, werde zurzeit von Herrn van Ellen
entwickelt. Für den 12.05.2007 verweist er auf das Projekt „Gemeinsam
vorbeugen, echt stark !“ in der Innenstadt. Ein Wettbewerb solle
stattfinden, bei dem ein Slogan mit
Vorbildfunktion gesucht werde, mit dem z.B. T-Shirts für Kinder, Jugendliche
und Erwachsene bedruckt werden können. Eine weitere Idee sei eine Fotowand mit
Gesichtern von Bürgern die „Gegen Gewalt“ werben. Auch
Mitternachts-Sportturniere z.B. unter dem Motto „Mit Fairness, aber ohne Gewalt
und Alkohol“, seien in der Überlegung.
Nach
den Vorstellungen von den gemeinsam geplanten Maßnahmen betont Herr
Brinkmann, dass es erreicht werden solle, dass die Menschen das Gefühl
hätten, man kümmere sich um die Probleme.
Herr
Graf begrüßt den Modellversuch und
unterstützt diesen. Die Argumente des Herrn Oberbürgermeisters gegen eine
Videoüberwachung finde er richtig. Er lehne eine Videoüberwachung schon aus
seiner Sicht eines ehemaligen DDR-Bürgers strikt ab. Seinen Antrag zum
Alkoholverbot zieht er zurück. Gleichzeitig weist er auf eine Verordnung zum
Alkoholverbot für einen bestimmten Platz in der Stadt Salzburg hin, wodurch
Gewaltexzesse durch Alkoholmissbrauch am Wochenende unterbunden worden seien.
Herr
Bongartz dankt ebenfalls allen für
ihre Ausführungen und zeigt sich beeindruckt von dem Modellversuch mit einem
Sicherheits- und Ordnungsdienst. Trotzdem bleibe die CDU bei ihrer Forderung,
zur Überwachung des Neuen Marktes Videokameras einzusetzen. Die Aufzeichnungen
hätten vorbeugende bzw. abschreckende Wirkung. Die Kriminalanalyse der Polizei,
die im letzten Jahr am Neuen Markt 144 Straftaten ergaben, erfülle die
rechtlichen Voraussetzungen der Bestimmungen des § 32 Nds. SOG und lasse eine
Videoüberwachung zu. Mit einer
„Bespitzelung“ habe eine solche Überwachung nichts zu tun, dabei verweist er
exemplarisch auf Banken, Kauf- und Parkhäuser usw. in denen eine
Videoüberwachung für alle selbstverständlich sei. Den Ordnungsdienst begrüße er
sehr, in Leer habe man beispielsweise mit Doppelstreifen sehr gute Erfahrungen
gemacht, auch eine zeitliche Begrenzung sei der richtige Weg. Den Zustand am
Stigt bedauere er sehr, es sollten umgehend Maßnahmen ergriffen werden. Alle
wollten eine lebendige und attraktive Stadt, deshalb halte man an einer
zusätzlichen Videoüberwachung des Neuen Marktes fest.
Herr
Hoofdmann verdeutlicht, dass die
FDP-Fraktion mit den Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, sehr zufrieden
sei. Die Vorgaben ihres Antrages seien damit erfüllt.
Herr
Davids spricht sich tendenziell dafür
aus, die Testphase auszubauen und ein Konzept für die ganze Stadt zu
entwickeln. Er erinnert u.a. an die Probleme in Borssum und auf dem Friedhof
Tholenswehr.
Herr
Stolz glaubt nicht, dass die
vorgetragenen Maßnahmen die Lösung der Probleme brächten. Vielmehr müsse die Gesellschaft ihre eigene
Vorbildfunktion kritisch hinterfragen. Für die Kontrolltätigkeit schlägt er den
Einsatz von Fahrrädern vor.
Herr
Fooken bittet um Auskunft, wie hoch
die Kosten für den City-Dienst seien und ob die Gaststätten sich eventuell an
den Kosten beteiligten. Weiter interessiere ihn, was geschehe, wenn am
01.08.2007 das Rauchverbot in den Gaststätten durchgesetzt würde und vor den
Gaststätten Raucher Lärm verursachten. An Herrn Santjer gerichtet stellt er die
Frage, ob Gesundheits- bzw. Suchtmediziner einbezogen würden. Aufschlussreich wäre,
wenn Experten ihre Erfahrungen bei Jugendlichen bezüglich Alkohol und Nikotin
schilderten.
Herr
Brinkmann erklärt, dass im Kommunalen
Präventionsrat auch eine Medizinerin mitwirke. Bezüglich des Rauchverbotes
bemerkt er, man solle einen Schritt nach dem anderen erledigen. Die Kosten für
die vorgeschlagenen Maßnahmen würden bei ca. 25.000 € liegen, zurzeit liege
aber erst ein Angebot vor. Der Auftrag sei noch nicht vergeben.
Zum
Abschluss der beiden Tagesordnungspunkte weist Herr Brinkmann noch einmal
darauf hin, dass man die Probleme in den Griff bekommen wolle. Er sei für die
positiven Stellungnahmen dankbar. In Bezug auf die Videoüberwachung habe er
seine persönliche Position dargelegt, sollte der Rat eventuell gegenteilig
entscheiden, müsse er es akzeptieren.
Frau
Pohlmann dankt allen für ihre
Ausführungen.
(Herr
Brinkmann, Herr Hüfken, Herr Santjer verlassen um 18.10 Uhr die Sitzung.)