Sitzung: 23.06.2010 Ausschuss für Gesundheit und Soziales
Beschluss: Kenntnis genommen.
Vorlage: 15/1403/1
Frau Tempel erklärt, da die öffentlichen Finanzmittel ständig
weniger würden, geraten insbesondere die Sozialleistungen immer wieder in die
Diskussion, sodass auch bei der Stadt Emden die Überlegung anstehe, die
Sozialberichterstattung als Grundlage für eine künftige Steuerung der
Finanzaufwendungen zu nutzen. Innerhalb des aktuellen Haushalts der Stadt Emden
würden die Sozialleistungen mehr als 50 % des Gesamtaufwandes ausmachen. Dieses
seien mittlerweile 60 Mio. €. Nunmehr werde überlegt, welche Instrumente man
finden könne, um in eine bessere Finanzsteuerung hineingehen zu können. Als
Grundlage dafür benötige man zunächst einmal einen Status quo, den diese
Sozialberichterstattung liefern solle. Ihrer Meinung nach sei es eine der
wichtigsten Aufgaben, um in Zukunft die Ausgaben besser planen zu können. Die
erhebliche Anzahl an Informationen stelle eine große Herausforderung an die
Verwaltung, diese insgesamt mehr zu verdichten und handhabbarer zu machen,
sodass ausschließlich die Informationen, die die Politik, die Bürger und die
Fachöffentlichkeit für ihre Belange benötigen veröffentlicht werden sollen. Der
Bericht sei im Wesentlichen fertig gestellt. Doch wolle man heute nicht den
umfangreichen Gesamtbericht vorstellen, sondern zunächst einmal die
Grundaussagen präsentieren und in die Ergebnisse zu bestimmten
Sozialindikatoren einführen, die im Rahmen der Berichterstattung ausgewählt
worden seien.
Herr Engels und Herr
Dübbelde geben anhand einer PowerPoint-Präsentation einen Sachstand zur
Sozialberichterstattung im Rahmen der Sozialplanung. Die Präsentation ist im
Internet unter www.emden.de
einsehbar.
Herr
Ammersken bedankt sich für die
Ausführungen und bittet um Wortmeldungen.
Frau Orth fragt an, ob bei den 50 % der Gesamtausgaben, die auf
den sozialen Bereich entfallen würden, gesetzlich feste Verpflichtungen
enthalten seien oder ob dort auch variable Anteile vorhanden seien. Weiterhin
sei hier aufgefallen, dass die Arbeitslosenquote der Ausländer bei 50 % gelegen
habe. Zudem sei der Anteil der Ausländer bei den Kindern ohne Schulabschluss
auch recht hoch. Ihrer Ansicht nach müsse dringend etwas getan werden, um allen
Kindern einen Schulabschluss zu ermöglichen. Dadurch verringere sich für die
Zukunft auch die Zahl der Arbeitslosen.
Frau Tempel führt aus, die Bruttoaufwendungen für die
Sozialleistungen würden im Haushalt für das Jahr 2010 nahezu 60 Mio. € betragen
und damit ca. 50 % der Gesamtbruttoaufwendungen ausmachen. Darin enthalten
seien sowohl die gesetzlichen als auch die freiwilligen Leistungen. Ihrer
Ansicht nach dürfe man nicht tatenlos zusehen, wie diese Sozialausgaben
weiterhin ansteigen würden. Zwar spiele die Wirtschaftskrise und die hohe
Arbeitslosigkeit eine Rolle, doch der Verweis vieler Kommunen und
Interessensverbände auf Bund und Länder die zu Lasten der Kommunen ihre
Haushaltskonsolidierung betreiben würden, helfe nicht wirklich in der Sache
weiter. Die Kommunen sollten selbst aktiv und zielorientiert ihre Ausgaben
steuern. Sie erhoffe sich durch diese Berichterstattung und Analyse, dass
Handlungsansätze zu finden seien, wie letztendlich die Leistungen
zielgenauer erbracht werden könnten.
Herr Engels ergänzt, zu diesen Sozialausgaben gehöre neben dem
Fachbereich Gesundheit und Soziales auch der Jugendhilfebereich. Hier stehe
evtl. mehr freie Verfügungsmasse zur Verfügung, da letztendlich auch
Jugendzentren als eine freiwillige Leistung vorgehalten würden.
Hinsichtlich des Punktes der Bildung führt Herr Engels
aus, es könne niemand einem jungen Menschen versprechen, dass er bei einem
guten Schulabschluss auch einen guten Beruf bekomme. Doch wenn man in der
Zeitung lese, es würde noch hunderte freie Ausbildungsstellen geben, dann müsse
man in vielen Fällen sagen, dass diese jungen Menschen nicht ausbildungsreif
seien und nicht über das nötige Wissen und die nötige schulische Qualifizierung
verfügten, um diesen Ausbildungsplatz, der eine gewisse Anforderung beinhalte,
zu bekommen. Hier sei schon der Ansatz an einem vernünftigen Bildungssystem so
zu nutzen, dass für die Jugendlichen das Optimale herauskomme. Weiterhin sei
auch eine Chancengleichheit herzustellen, um den Kreislauf der Probleme zu
unterbrechen. Erfahrungsgemäß würden die Probleme in der nächsten Generation
wiederkehren.
Herr Graf bedankt sich für Ausführungen des Sozialberichtes und
bittet darum, die Präsentation vorab zur Verfügung zu stellen, um aktuell damit
arbeiten zu können. Er führt aus, da die Präsentation viele Themen und Schwerpunkte
beinhalte, schlage er vor, diese speziell in den zuständigen Ausschüssen zu
behandeln. Weiter erklärt er, seiner Meinung nach sei es interessant zu sehen,
welche Ursachen es geben würde, dass z. B. Ausländer den Schulausschuss nicht
erreichen würden. Er halte die Ausgaben für die Sozialleistungen für notwendig
und begrüße es, dass die Stadt Emden hier nicht wie andere Kommunen gravierend
Kürzungen vornehme.
Frau L.
Meyer bedankt sich ebenfalls für die
umfangreiche Berichterstattung. Es mache sie sehr betroffen, dass so viele
Kinder in der Stadt Emden in Armut leben würden. Sie fragt an, wie diese Armut
aussehen würde. Weiterhin sei ihr aufgefallen, dass viele ältere Frauen in
Armut lebten. Sie bittet um Auskunft, ob dort auch die Frauen berücksichtigt
worden seien, die in Altenheimen wohnen würden.
Herr Engels erklärt, selbstverständlich könne die
Präsentation ins Ratsinformationssystem gestellt werden. Jedoch sei sie nur
eine Auswahl von Beispielen, die zunächst einmal lediglich einen Einblick in den
Sozialbericht geben sollten. Dort würden ergänzende Daten und Hintergründe
enthalten sein, sodass die Präsentation alleine zu einer Fehlinterpretation
führen könne. Seiner Ansicht nach sei der Sozialbericht ein Instrument, welches
sehr vielschichtig genutzt werden sollte. Bezüglich der Frage, ob auch Frauen
in Altenheimen berücksichtigt worden seien, bemerkt Herr Engels, die Personen
in Einrichtungen habe er herausgenommen, weil sie im Wesentlichen das Bild
verzerren würden, da z. B. im Stadtzentrum vier Altenheime vorhanden seien.
Herr
Dübbelde entgegnet auf die Frage von
Frau Meyer, wie die Kinderarmut aussehen würde, dass es sich dabei um Kinder
handele, deren Eltern SGB II Leistungen erhalten würden. Diese seien auch
insbesondere im Bereich der Bildung benachteiligt. Insgesamt sei die Zahl der
Kinder, die in Emden von Sozialleistungen leben würden, noch höher, da es noch
den Bereich Kinderwohngeld geben würde, der nicht berücksichtigt worden sei.
Diese Daten könnten für Emden allein nicht berechnet werden.
Herr
Ammersken stellt fest, der Ausschuss
habe sehr viel Besorgniserregendes gehört, was seines Erachtens dringenden
Handlungsbedarf nach sich ziehe. Er fragt an, wie die weitere Vorgehensweise
auch in der Ausschussarbeit aussehen sollte und welche Themen konkret behandelt
werden sollten.
Herr Engels erklärt, der Sozialbericht umfasse 300 Seiten. Es sei
eine Lenkungsgruppe in der Verwaltung gegründet worden, die sich Gedanken
darüber mache, wie man mit diesem umfangreichen Material umgehen wolle.
Herr
Ammersken bemerkt, in der Politik
werde man gerade in der nächsten Zeit in ein Spannungsfeld hinsichtlich der
Haushaltskonsolidierung geraten. Von daher würde er es als wichtig erachten,
wenn man diese Problematiken schnell angehen und erklären würde, welchen Weg
die Stadt Emden gehen wolle. Ansonsten könnte der Fehler gemacht werden, dass
auf der einen Seite Sparmaßnahmen durchgeführt werden, die kontraproduktiv zu
entsprechenden Leistungen in diesem Bereich seien.
Herr Engels weist darauf hin, in dem Bericht gehe es um monetäre
Armut. Es gäbe jedoch eine Vielzahl anderer Armutsansätze wie z. B. die
kulturelle Armut. Seiner Ansicht nach sei es wichtig, im Rahmen des Haushalts
zu überlegen, ob man eine Einrichtung fördere, die den Schwachen sowieso nicht
zugute käme, oder ob man die Schwachen fördere, damit sie irgendwann diese
Einrichtung auch nutzen könnten.
Herr Götze führt aus, heute würde eine nüchterne Analyse vorliegen, aus der Maßnahmen abzuleiten
seien. Es sei bekannt, dass es im Bereich der Bildung ein großes Defizit geben
würden, aus dem folge, dass letztendlich Arbeitslosigkeit und auch Armut
entstünden. Es würden Maßnahmen und Ziele benötigt, um die vorhandenen
Schwachstellen nicht nur zu verwalten, sondern auch angehen zu können. Nur so
könnten bestimmte Dinge verändert werden, die sich in dem Moment wieder rechnen
würden, wenn die Betroffenen nicht von Zusatzleistungen leben müssten, sondern
sich eine Arbeit suchen könnten.
Weiter teilt Herr Götze mit, es müsse versucht werden,
ein Konzept zu entwickeln, wie die Situation nach und nach mit kleinen
Schritten verbessert werden könnte. Momentan werde sehr viel Geld ausgegeben,
damit die Menschen vernünftig leben könnten. In dem Konzept müsste aufgezeigt
werden, wo die Schwachstellen seien. Seiner Meinung nach müsste trotz der
Haushaltslage Geld in die Hand genommen werden, um nach Möglichkeiten zu
suchen, die Menschen in eine bessere Situation zu versetzen. Doch dieses könne
die Politik nur gemeinsam mit der Verwaltung machen. Herr Götze regt an, sich
bei anderen Städten nach ähnlichen Ansätzen zu informieren.
Herr Schild bedankt sich für diese umfangreiche Ausarbeitung.
Seiner Ansicht nach müsste der Rat diesen Bericht durcharbeiten, um damit eine
Grundlage zu erhalten, die für die Zielsetzung und Prioritätensetzung von
enormer Wichtigkeit sei. Dieses sei insbesondere im Hinblick auf die
Haushaltslage von Bedeutung. Nur durch die Auswertung des Berichts sei eine
Entscheidungsfindung möglich, was man machen könne und was man machen müsse.
Frau Meinen zeigt sich über den umfangreichen Sozialbericht sehr
erstaunt und schlägt vor, sich hieraus einen Teilbereich zu nehmen und diesen
abzuarbeiten. Hinsichtlich der vorhandenen Lenkungsgruppe hätte sie sich
gewünscht, dass der Rat darüber früher informiert worden wäre, um hier auch
mitarbeiten zu können.
Frau Tempel erklärt, es könne vom Rat nicht erwartet werden, dass
er den Sozialbericht nacharbeite und dann selbstständig Schlüsse ziehe. Die
eingerichtete Lenkungsgruppe der Verwaltung werde Vorschläge erarbeiten, wie
die weitere Vorgehensweise sei. Da für das nächste Halbjahr noch weitere
Sitzungen des Ausschusses für Gesundheit und Soziales geplant seien, habe man
sich intern überlegt, zu bestimmten Themenbereichen einen gewissen Input zu
geben und gemeinsam mit der Politik eine Strategie zu entwickeln, wie in den
Maßnahmen weitergearbeitet werden könne.
Herr Engels ergänzt, auch sei es nicht unbedingt notwendig, den
Bericht in einem Mal durchzulesen, da die Grobgliederung viele Unterpunkte
beinhalte.
Herr Grix stellt fest, er habe bisher schon sehr viele Berichte
durchgearbeitet und sei über die Aussage verwundert, dass die Antworten darauf
nicht die Politik geben könne.. Er empfehle dem Rat, diesen Sozialbericht zu
lesen, um auch irgendwann eine Frage stellen zu können. Weiter gibt er zu
Bedenken, dass die Bereiche auch unterschiedlich eingeschätzt würden, weil
Prioritäten anders gesetzt würden. Es stelle sich die Frage, ob zunächst einmal
die Straßen saniert werden müssten, damit die Stadt lebenswert sei, oder ob
dafür gesorgt werden müsse, dass die Kindertagesstätten und Schulen in einen
ordentlichen Zustand versetzt würden. Seines Erachtens müsse eine von der
Verwaltung angeschobene Diskussion hier geführt werden.
Weiter erklärt Herr Grix, er habe den Eindruck, dass
trotz der vielen Berichte vieles noch schlechter geworden sei. So hätten die
Kinderarmut und die Isolation von Kindern zugenommen, obwohl bekannt sei, dass
etwas getan werden müsse. Zudem werde gesagt, dass das Ehrenamt stärker
gefördert werden müsse. Aber gleichzeitig würden die Vorschriften und
Organisationsfragen so ausgeweitet, dass den ehrenamtlichen Helfern die
Motivation verlorengehe. Abschließend stellt Herr Grix fest, in vielen Dingen
sei es so, dass das Ehrenamt helfen würde, einiges abzudecken, wenn es
motiviert und stärker mitgetragen und nicht nur getreten würde.
Herr Engels erklärt, in seinen Berichten zur Jugendhilfeplanung
hätte er die Situation damals deutlich dargestellt. Es handele sich hierbei um
eine personelle Frage. Es stagniere, weil das Personal nicht vorhanden sei, und
er nicht alles gleichzeitig machen könne.
Herr Grix ist der Ansicht, die organisatorische Voraussetzung,
um eine vernünftige Analyse weiter zu entwickeln, sei eine Sache, die sowohl
vom Vorstand als auch vom Rat entschieden werden müsse. Seiner Meinung nach
seien der Kinder- und Jugendbereich und auch die Sprachförderung vordringlich.
Mit der Lösung dieser Punkte sollte man anfangen.
Frau Orth bemerkt, in diesem Bericht stecke viel Potential und
sollte quasi als Arbeitshandbuch gesehen werden. Auch sie frage sich, wo man
hier anfangen könne. Weiter würde es sie interessieren, wohin im Moment die
freiwillig geleisteten Mittel der Stadt Emden fließen würden. In diesem
Zusammenhang bittet sie um eine Übersicht dieser Mittel. Weiter führt sie aus,
ihr sei es auch sehr wichtig, dass für die Bereiche Kinder, Kindertagesstätten
und Bildung etwas getan werde, da es hierbei um die Zukunft gehe.
Herr Engels stellt fest, jeder setze seine Schwerpunkte. So würde
z. B. der Ausschuss für Wirtschaft, Hafen und Tourismus die Wirtschaft als das
Wichtigste ansehen. Aus diesem Grunde müsse eine Abwägung stattfinden, was als
wesentlich herausgestellt werden könne.
Frau
Kanziora stellt heraus, sie käme aus
einem Stadtteil, wo es am Brenzligsten sei, und
in dem seit zehn Jahren das Projekt
Soziale Stadt umgesetzt werde. Sie stelle jedoch fest, dass sich im sozialen
Bereich nichts geändert habe, sondern noch schlimmer geworden sei. Die Leute,
die dort ehrenamtlich arbeiteten, würden sich um alle möglichen Projekte
bemühen. Trotzdem habe sie die Befürchtung, dass die Menschen, die es betreffen
würde, nicht mitgenommen würden. Es werde dazu ein Konzept benötigt. Sie lebe
gerne in Barenburg. Doch es sei ihr sehr wichtig, dass dieser Stadtteil nicht
nur baulich, sondern auch im sozialen Bereich vorwärtskomme. Sie wisse nicht,
wo man noch ansetzen könne. Ihrer Meinung nach benötige der Beirat in Barenburg
eigentlich professionelle Hilfe.
Frau Janssen bedankt sich für den ausführlichen Bericht. Sie regt
an, dass die Arbeitsgruppe ein Konzept erarbeite, wo auch die Integration
weiter gefördert werde. Durch mehr Bildung für die Kinder werde die Zukunft
gesichert, um aus dem Kreislauf der Armut und Arbeitslosigkeit herauszukommen.
Frau Orth stellt fest, in Barenburg werde immer
überdurchschnittlich gefördert und bemerkt, andere Stadtteile wie Borssum und
Port Arthur/Transvaal dagegen kämen zu
kurz.
Herr Engels erklärt abschließend, in der Verwaltung werde man
sich jetzt zusammensetzen und ein Konzept entwickeln, wie es nunmehr
weitergehen werde. Dieses werde man so schnell wie möglich den zuständigen
Ausschüssen zur Verfügung stellen. Seines Erachtens sei dieses die sinnvollste
Vorgehensweise.